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Fritz Wotruba - Denkmäler, Skulptur und Politik

Wotruba-Figurenrelief

Wotruba im 21er Haus

9.Juli 2015-17. Jänner 2016

Im Untergeschoss des 21er Haus hat die Fritz Wotruba Privatstiftung eine sehr interessante Ausstellung zum Nachdenken zusammengestellt. Es geht vor allem um Denkmäler, die Fritz Wotruba, der große Bildhauer des 20. Jahrhunderts, für verschiedenste Wettbewerbe entworfen hat. Die Ausstellung zeigt, dass er sich immer viele Gedanken zu den Themen gemacht hat und dass er dann sehr ausdrucksstarke Skulpturen entwarf. Die waren dann oft nicht in dem Sinn des Auftraggebers - ich glaube, er wusste das - und so kam er auch oft nicht zum Zug. Aber so bietet er uns heute einen fantastischen Spiegel der damaligen Zeit, wie die Politiker, die Medien, die Menschen reagierten, reflektierten und protestierten. Schade, dass manche seiner Entwürfe nicht realisiert wurden. Drei seiner damals umstrittene Werke sind heute in Österreich zu sehen:

- Das Grabmal für Selma von Halban-Kurz, 1934, Marmor am Wiener Zentralfriedhof, Gruppe 14C, Grab 8 (Abbildung oben),
- Mahnmal Mensch verdamme den Krieg, 1932, Pestalozzipark, Leoben und
- Großes Figurenrelief, siebenteilig für Weltausstellung in Brüssel 1958, vor 21er Haus Wien.

In der Ausstellung werden die Hintergrund-Geschichten zur Entstehung, ihr Diskurs und wie die Denkmäler die Zeit überstanden, erzählt. Zum Beispiel:

Interessante Einblicke über die erste Hälfte des 20. Jhs. liefert die Geschichte rund um das Grabmal für die die gefeierte Koloratursopranistin Selma von Halban-Kurz, die 1899 Gustav Mahler an die Wiener Staatsoper geholt hatte.

Ihr Witwer engagierte 1933 den jungen, aufstrebenden Bildhauer Fritz Wotruba mit der Gestaltung des Grabes am Wiener Zentralfriedhof. Wotruba war 26 Jahr alt, als er mit der Arbeit begann. Als Platz für das Grabstelle wurde eine prominente Stelle, eine Reihe vor der Friedhofskirche in Block 14 C, neben dem Grab für Prälat Ignaz Seipel, ausgewählt. Im ersten Grab in der Reihe lag der österreichische Philosoph und Physiker Ludwig Boltzmann. Wotruba meißelte eine monumentale, liegende, nackte Frau aus dem Stein. Ein wenig erinnert die Darstellung an ein etruskisches Grab. Diese ungewöhnliche Grabgestaltung polarisierte. Einige Medien kritisierten das Werk, einige lobten. Bei der Friedhofsverwaltung gingen sehr viele Beschwerden ein. Es soll sogar eine Sprengdrohung gegeben haben. Was einige besonders ärgerte war die Tatsache, dass im Nachbargrab der Prälat lag.

Im folgenden Jahr änderte sich die politische Lage in Wien. Die Friedhofsverwaltung gab ein Versprechen ab, dass "keine Frauenfiguren mit entblößtem Oberkörper" mehr bewilligt werden würden. Es wurde auch der Abtransport des Grabmals diskutiert. 31 Künstler taten sich zusammen und versuchten die Wiener Gemeindeverwaltung zu überzeugen, die Plastik stehen zu lassen. Im Herbst 1934 wurde der Sarg des Prälaten in die Seipel-Dollfuß-Gedächtniskirche, hinter der heutigen Stadthalle, übertragen. Mit einer Holzverschalung und einer Strauchhecke wurde die Grabskulptur von Wotruba zusätzlich etwas verdeckt. So verebbten die Proteste.

Heute sind die Plastiken von Fritz Wotruba Klassiker der modernen Skulptur. Das Grabmal für Halban-Kurz ist ein wegweisendes Meisterwerk.

Berni, 2015-Juli-11

Erstellt mit freundlicher Unterstützung durch www.geosolution.eu

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